Freitag, 14. Dezember 2012

Kapitel 17 – Knockin on Heavens Door


Eigentlich gibt’s diesmal gar nicht viel zu berichten. 
Außer dass ich das Paradies gefunden habe.

Und eigentlich wollt ich gar nicht nach Hampi. Dann hat mir Maike aber doch noch die Kletterschuhe mitgebracht…


Die eine Hälfte Leser dieses Blogs bekommt bei dem (W)ort „Hampi“ feuchte Finger, die andere (Nicht-Kletterer) denkt nur „???“.

Nun, Hampi ist einer der bekanntesten Kletterspots Asiens und im Moment quasi direkt vor meiner Haustür (= eine Tagesreise).

Dennoch, um ordentlich klettern zu können brauch ich erstens Strom in den Armen und Haut auf den Fingern (nicht vorhanden) und zweitens keine fünfunddreißig Grad im Schatten (vorhanden).

Oder wenigstens eins von beiden. Aber so? Ich fahre ja auch nicht im August für drei Tage nach Arco und lass mich da aus der Wand brennen. Nicht mehr.


Zwei Tage später bin ich da. Dazwischen liegt eine kleine emotionale Odyssee:

Ich beschließe also (trotz Kletterschuhe), aus Zeitgünden diesmal nicht nach Hampi zu fahren und stattdessen in Goa zu bleiben. Bis ich am Strand zufällig zwei Kletterer treffe. Beim Abendessen dreht sich dann zwei Stunden lang alles um – logisch: Fels. Meine Entscheidung wackelt. Am nächsten Morgen rät mir die gesamte Yogaklasse ebenfalls, nach Hampi zu fahren.

Ok, Entscheidung retour, ich kaufe ich ein Ticket für den Nachtbus am Abend.

Den ich verpasse, weil ich mir die Abfahrtszeit nicht richtig merke. Also was jetzt? Hampi oder nicht Hampi? Meine umentschiedene Entscheidung wackelt nun ebenfalls. Karma hin, Karma her, einen Versuch mach ich noch – am nächsten Morgen also nochmal ins Reisebüro, noch ein Ticket. Wenns diesmal nicht klappt, dann wars das.

Es klappt. Und es lohnt sich!

Hampi ist noch vor Goa und Pushkar der schönste Ort, den ich in Indien gefunden habe. 

Landschaft, Leute, Klima, Fels, alles toll! Hampi ist wirklich ein kleines Paradies (…ich schreibe diese Zeilen in der Hängematte vor meiner Hütte mit Blick auf einen der bekanntesten Bouder Hampis…). Moment, Bild bitte, voila. :-)

Die orangene Hängematte ist meine :D Und dahinten liegen die Blöcke...

Ein Paradies in der Mitte Indiens, in dem neben Palmen Granitblöcke herumliegen, so weit das Auge reicht. Du läufst auf einen Hügel und dahinter: Granitblöcke, Reisfelder und Palmen. Bis zum Horizont (Ich krieg grad beim Tippen schon wieder feuchte Finger… ;-)).

Also noch ein paar Impressionen…




Der Weg von meiner Hängematte zum Bouldern dauert genau ein Reisfeld, der Weg ins Dorf drei Reisfelder. Im Guesthouse sind neunzig Prozent Kletterer, trotzdem dreht sich nicht alles nur um Granit. Die Stimmung ist sehr multikulti und sehr lässig, Deutsche, Inder, Engländer, Schweizer, Finnen, Amis, Kanadier, Spanier, Franzosen, alle sind sie da. Ach und die Israelis natürlich. In Scharen. Warum? Keine Ahnung. Israelis sind überall in Indien. Wahrscheinlich nach den Bhanglassis, äh Bangladeschis die größte Minderheit im Land.

Ein Tag hier sieht in etwa so aus:

Morgens ab Sonnenaufgang um sechs Bouldern bis die Hitze um zehn zu groß wird, großes Frühstück im Schatten, Slacklinen oder Schach (wahlweise), duschen, Mittagsschlaf in der Hängematte, ins Dörfli, nochmal Hängematte, ab vier wieder Bouldern bis es dunkel ist, auf dem warmen Fels sitzend mit zwanzig anderen Kletterern Sonnenuntergang gucken, zusammen Abendessen, Bett. Miau!

Das geht so tagein tagaus. Es ist mittlerweile Dezember, das Thermometer zeigt 28 Grad im Schatten. Endless Summer.

Die lustige tägliche Boulderbagage...
Man on the Moon. "Ein kleiner Griff für mich, ein großer Griff für die Menschheit."
Nein! Das ist kein Sadhu beim Meditieren. Das ist der Flo aus "Zell unter Aichelberg". Richtig, ein Schawabe! Flo versucht grad, seine T**e bei einem ganz normalen Hampi-gen Sonnenuntergang anzuzünden. Das ist auch schon alles.
An meinem Rasttag setze ich mit dem Boot über auf die andere Seite des Flusses und miete mir ein Moped. Auf der Gegenseite wird gerade der örtliche (heilige) Tempel-Elefant im (heiligen) Fluss mit der (heiligen) Bürste seiner (…) morgendlichen Badeprozedur unterzogen. Er scheint jedenfalls eine Menge Spaß dabei zu haben. Mensch und Tier vereint im Badezimmer.

Wer schon vor dem Frühstück von fünf Mann gebürstet wird, der hat natürlich gut lachen.
Nun, zurück zum Moped. Gefahren wird mit Petrol(eum?), dass literweise aus Wasserflaschen in den Tank gekippt wird. Übrigens nicht nur hier. Tankstellen sind eher selten. Ein Liter Sprit kostet so viel wie die Tagesmiete.

Eigentlich wollt ich mir ne klassische Enfield holen, da ich heute aber 80% auf Sand und nur 20% auf Asphalt unterwegs bin, stellt sich meine Entscheidung zum Moped als goldrichtig heraus.

Stylemäßig fahr ich so natürlich mit der roten Laterne. Macht aber nix, das hol ich durch meinen Fahrstil wieder rein. ;)

Ohne Wochte... :D
Das erste Zupfen am Gasgriff führt dann zu einem spontanen Heiterkeitsausbruch meinerseits. Du ziehst am Gas, das (ab jetzt!) „Mofa“ quittiert mit einem lustlosen „Meeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeh“, und zwei Sekunden später setzt sich die Ömme in Gang. Wie wenn Du eine Ziege beim Mittagsschlaf am Bart ziehst weil Du auf ihr reiten willst. Erinnert mich brutal an meine Teeniezeit. Naja, auf der Geraden läuft die Möhre immerhin sechzig. Das reicht um ein paar Pics zu machen ;-).


Ich kurve durch Palmenhaine und zwischen UNESCO-Weltkulturerbe-Tempeln herum, der Fahrtwind bläst wie ein Heissluftföhn. Immer fleissig hupen, zwischendrin eine Kokosnuss, ein Heidenspass, unbedingt zu empfehlen! Als ich drei Stunden später mit dem Boot wieder die Seiten wechsel ist die Welt sowas von in Ordnung.

Mittlerweile renne ich indistylemäßig in Leinenklamotten rum. Das freut Natur, Mensch und Tier.

Bis auf den Oberaffen. Der ist grad so sauer, dass er nicht mal merkt, dass ich ein Bild von ihm mache. Das mögen die Affen normalerweise nicht so. Im Moment ärgert er sich jedoch über die dicke Russin, die grad Bananen verteilt.


Merken! Wenn ich je mal ein Haus baue, dann wird das die Tür zum Badezimmer. Oder zur Garage. Speisekammer? Spielzimmer? Schau mer mal.
 …

Am Tag meiner viel zu frühen Abreise aus dem kleinen Paradies in der Mitte Indiens (ich hätte einen Monat bleiben sollen…) steht die Sonne tief. Auf dem Außenborder flattert eine orangene Om-Flagge, die sich schön mit dem Blau des Himmels und dem Grün der Palmen ergänzt.

Schön wars. Wirklich sehr schön.

Schade dass ich schon wieder weg muss.

Schön, wieder on the road zu sein.

Auf zum letzten Ziel dieser Reise.

Goa.



 





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