Freitag, 28. September 2012

Kapitel 4 – HIDALGO NARANJA oder „Die Oldtimer Rallye“




Die Rallye Biberach-Villadonova ist selbst unter Oldtimer-Fans gänzlich unbekannt.

Das hat den Vorteil, dass das Starterfeld recht überschaubar ist (eine Person) und eventuelle Streckenänderung mit der Rennleitung ad hoc  je nach Tagesform vorgenommen werden können. Die Abstimmung erfolgt stets einstimmig.

Die erste Etappe führt von BC über die Auvergne (Clermont-Ferrand, wohlbekannt aus vermutlich allen Französichunterrichten) ans Kap Oyambre an der nordspanischen Küste. Wie bei jeder guten Rally gilt es hierbei verschiedene Zusatzprüfungen zu meistern. Unter anderem sind dies auf der ersten Etappe in willkürlicher Reihenfolge:
  • Anschieben lassen durch Franzosen da der Anlasser streikt
  • Anschieben lassen durch Spanier da der Anlasser streikt
  • Tanken bei laufendem Motor ohne erwischt werden
  • Finnen fürs Surfbrett kaufen
  • Das Open Office für geschäftliche Anliegen verwenden (wenn möglich mehrfach und zu verschiedenen Uhrzeiten)
  • Navigation mit GPS-Koordinaten zum Auffinden anderer Rallye-Teilnehmer

Mein Open Office. 7 Windows, 4 Doors, 1 Engine
Soweit so gut, die erste Etappe ist geschafft. 1400 km in 18 Stunden. Eigentlich komisch, so schnell fährt der Bulli gar nicht. Na egal. Alle (das sind Lajos und Jo) inklusive mir sind baff dass ich jetzt schon da bin und unterwegs fleissig Bonuspunkte gesammelt habe. Lajos ist nicht über Clermont-Ferrand gefahren. Das liegt vielleicht daran, dass wir in Latein immer nebeneinander saßen.

Ich treffe Lajos und Jo also am Kap auf der Klippe, es ist Nacht, das macht aber nix. Dafür regnets erstmal zwei Tage lang und mit Surfen ist wegen Quallen auch nix. Also fahren wir mit Bier und Chips bewaffnet supertourimäßig in einem dieser Sightseeingzüge durch den Nachbarort. Bin noch nie in sowas mitgefahren. Für alle, die sich bei sowas auch weigern: Mit Bier, Chips und den richtigen Leuten bekommt so ein Regentag echt was Lustiges.

Dann endlich kommt die Sonne raus, der Strand entfaltet seine vollen Qualitäten und die Wellen taugen auch. Die folgenden Tage schwelgen wir in multiplen Surfsessions, Braten am Strand (wir), Grillen auf dem Grill (die Doraden) und mucho Cerveza (wir),
So soll es immer sein, so soll es immer sein, so soll es immer immer sein!





Am kommenden Sonntag schepper ich die 200 km zurück nach Bilbao und sammel Maike am Flughafen ein. Wir verbringen drei wundervolle Tage strandauf strandab mit noch mehr Bier und Grillen, einer märchenhaften Bucht, der Playa des las Cuevas Achtung! Hier kann man klettern! :D)  und schauen uns noch Gijon an, was mäßig sehenswert ist.

Viel zu früh fahre ich SCHON WIEDER nach Bilbao!

Und das auch noch um Maike dort am Flughafen schon wieder abzusetzen. Am Tag danach ist fetter Blues-day (Anm.d.Ü.: Alles-doof-Tag) angesagt. Ich bin ultramelancholisch. Böh!

Und doch – die Tage allein sind die intensivsten. Ich entschließe mich nach links zu fahren. Ganz nach links auf der Karte. Ans Ende der Welt. Fines Terra. Da wo nix mehr kommt. Wie siehts da aus? Was ist da los? Sind 700 km. Egal. Wenn ichs jetzt nicht rausfinde finde ich vielleicht nie raus. Los? Los.

Allein unterwegs im Galizischen Outback. Könnte auch North Dakota sein. Ich tanke an einer Tanke die aus einem Hollywood-B-Movie stammen könnte. Da ich an dem Morgen eh der einzige Kunde bin und die kleine Dicke mit Ihrem Neinichwillsgarnichtwisenkopfkinoaus mich freundlicher anschieben (Bonuspunkte!), finde ich mich eine halbe Stunde später in einem galizischen Roadhouse wieder (liegt am Hang, ich kann anrollen lassen) und komme mit einem der Pilger ins Gespräch, die den Jakobsweg machen.

Ist glaub jünger als ich, rollt sich grad einen JJ zum Kaffee, Rastas, Gitarre und Leki-Stöcke. Ist in Lyon aus der Haustür und macht einen seeeeeehr gechillten Eindruck. Ist jetzt seit sechs ? Wochen unterwegs und kann es nur empfehlen. Nach eine Stunde schöner Unterhaltung verbschiede ich mich mit „You make me think“, er wünscht mir ein „Good surfing“. Das tut er wirklich und reiht sich wirklungsvoll in die Kette der Menschen ein, denen man nur begegnet wenn man alleine unterwegs (So wie der rappende Ghetttolehrer aus Chicago…). 

Das Leben ist echt zu kurz dass man alles machen könnte. Hat noch jemand dieses Problem? Und hat jemand ne Lösung für dieses Problem? Bitte melden!



DA! Es ist ist wieder da! Das Klackern hinten rechts…. Meine Studienkenntnisse sagen mir dass es von der Antriebswelle kommen muss. Ich fahre auf der Autobahn jetzt wilde Schlangenlinien wie im Formel-1-Warmup. Aber nicht um die Reifen auf Temeperatur zu halten sondern um das Geräusch reproduzieren zu können.

Der Opa vor mir in seinem Fiesta Baujahr 1970 (fährt stur 80) guckt auf einmal erstaunlich oft in den Rückspiegel. Entweder fährt Alonso jetzt auf Volkswagen oder der Kerl hat gestern zu viele Cervezas…. Also lassen wir das. Der Opa fährt die nächste rechts raus. Hasta luego. Ich taufen Bulli hiermit auf den Namen „HIDALGO NARANJA“ und verspreche ihm, dass er alles bekommt was er will wenn er mich bis nach Hause trägt. Wir werden sehen, treuer Gefährte.

Vor Finesterre biege ich nach rechts ab und finde… Einen zweieinhalb Kilometer langen Sandstrand!  Ein Traum! So sieht das Ende der alten Welt aus? Geilo! Bitte mehr davon.
Wer noch nie da war: So muß Malibu in den 60ern ausgesehen haben, als Mitch Buchanan noch Dreirad fuhr und Mrs Anderson mit runden Sandförmchen zu experimentieren begann.


Alle freundlich, alle nett, Rentner, die Dir auf Grund Deines Nummernschildes eine 20-minütige Listening Comprehension über Wetter, Strand und wo sie wohnen verabreichen und….

Ja, und dann…

Dann bewahrheitet sich mal wieder die alte Regel.

„Du kaasch nirgens na ohne an Bibracher zom treffa.“

Diesmal also: Chris und Silja. Mit Verstärkung, dem fünfmonatigen Marlon. Naja, daheim trifft man sich ja auch am Baggersee….



Neee Spass! Die Beiden sind noch geflashter als ich! Geile Aktion jedenfalls. Surfsession, kochen und am nächsten Tag flüchten Sie vor dem aufkommenden Sturm auf dem Atlantik nach Portugal, ich fahre nach einem Rgen-Sandsturm-Spaziergang mit 80km/h Böen durch den galizischen Dschungel zurück nach Osten.

Im galizischen Hinterland siehts aus wie im Dschungel! Also so stell ich mir Brasilen vor. Dass ich gerade mein Rio-De-Janeiro-Shirt anhab und Joao Gilberto hör bestärkt diesen Eindruck. So muss es es sein. Wieder einer dieser Tage alleine. Emotional sehr intensiv. In alle Richtungen. Uiuiuiui.


...Und ich finde sie tatsächlich noch. Die Traumbucht. Sogar mit Regenbogen. Bis ich die Cam hab isser wieder weg. Dafür ist die Yacht noch da. 


Unterwegs habe ich per SMS und Handy noch eine wunderbare Out-of-the-box-Lösung gefunden, von der ich selbst begeistert bin. Muss ich mal hirnen wie ich sowas öfter hinkrieg.
Ich glaube Einstein hat das mal so oder so ähnlich gesagt. „Die Lösung eines Problems liegt nie auf der gleichen Ebene wie das Problem selbst.“

Recht hat er. Und ich bin gespannt, ob die Lösung in der Umsetzung so gut ist wie die Idee.

Stay tuned.

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