Welcome back. In den letzten Tagen gabs
ziemlich viele erste Male.
Zum ersten Mal
- So richtig Bus fahren
- zu Fuss über eine Grenze
- Fahrradrikscha fahren (lassen)
- Eine indische Stadt „geniessen“
- Bahnfahrkarten kaufen wollen
Doch der Reihe nach.
Maike ist weg. Zurück
nach Deutschland.
Wir haben nach dem Trekking einige wunderschöne Tage in
Pokhara mit gutem Essen, gutem Kaffee, Bootfahren auf dem See, Souvernishoppen,
Safari-Lodge-stylemäßig abhängen und Ausschlafen verbracht. HerrlichI
Fewa-See-Romantik |
Maike hat Spass beim Yakrodeo - acht Sekunden sind um |
Bei mir zickt der Gute dann auf einmal rum. War ja klar. |
Als Belohnung gibts keniale Safari/Lodge mit 8000er-Blick. Welkom tu Africa. |
Wir haben uns heute mit Mietraedern unters Volk gemischt. Frucht gibts beim - richtig - Gemuesehaendler. |
Mal nochn anderes Viertel von Kathmandu - gleiches Chaos |
Der Hauptplatz mit Riesenpagode - zum Preis eines Abendessens goenne ich mir eine FROZEN LATTE MACCHIATO. YES! |
Im ganzen Land ist grad Erntezeit - und das funktioniert hier noch wie vor 1000 Jahren. Von Hand... |
Der oertliche Mammut-Headstore. (hoffentlich liest das keiner von den Jungs...) |
MeineWetterapp sagt (immer noch) Temperaturen
an, bei denen ich keine Lust verspüre, auch nach D abzudüsen. Steht ja auch gar
nicht zur Debatte. Stattdessen wälze ich lieber den Reiseführer und die
Indienkarte zusammen mit einer Tabelle, in die ich die Tage bis Weihnachten (bzw.
bis zum dritten Advent) eingetragen habe. Und stelle fest: Ich habe verdammt
wenig Zeit….
Der Baum, unter dem Buddha die Erleuchtung
erlangte oder Rishikesh, die World Capital of Yoga? Oder Yoga dann doch in Goa?
Ein Retreat oder mal so nen Schnupperkurs? Oder alles weglassen und „einfach
so“ reisen und einfach nochmal zu kommen? Reicht mir die Zeit überhaupt für die
Hauptroute?
Egal wie ichs anstelle – ich bin übrigens noch
nichtmal in Indien– also für den Fall, dass der Björn morgen in Indien
einmarschiert: Ich krieg auf jeden Fall nicht alles hin was ich gerne sehen und
machen würde. Egal wie man anstellt; man kriegt glaub immer nur einen
Schnappschuss.
Hmmmmm.
Da muss ich mich jetzt erstmal mit anfreunden.
Naja, Indien ist ja auch kein Land sondern ein Kontinent. Mein Vater warnte
mich im Vorfeld mehrmals: „Achtung. Die Entfernungen sind groß und die
Reisegeschwindigkeit klein“. Zumal als Individualreisender.
Was das heisst habe ich heute zum ersten Mal
erfahren. Sechzehn Stunden Busfahrt über Land von Kathmandu bis hier an die
Grenze. Das ist das Möglichste einer Tagesetappe und ich muss abends aufpassen, dass ich nicht die Lust verliere.
Zur Belohnung gibt’s ein feines, sauberes Hotelzimmer mit ordentlichem Bad und
dazu ein hausgemachtes Curry.
Die Abfahrt war also heute früh also mitten in
der Nacht um vier. Vor der Fahrt werden Räucherstäbchen angezündet und zum
Start dürfen alle aussteigen und anschieben, anscheinend hat der Scheinwerfer
zum Beladen die Batterie leergesaugt.
Ich bin der einzige Tourist im Bus. Obwohl es
noch mitten in der Nacht ist, ist an Schlaf nicht zu denken. Der Fahrer heizt,
als seien seine Ahnen hinter ihm her. Es ist kühl im Bus, da die Nepalis
bevorzugt mit offenen Türen fahren.
Ich schaffe es trotzdem, eine oder zwei
Stunden zu nicken. Als ich aufwache und den Vorhang zurückziehe, will ich ihn
reflexartig sofort wieder zumachen. Was ich da sehe, löst dann doch einen
gewissen Fluchtreflex aus. Ich wusste gar nicht, dass man Busse so dynamisch
fahren kann. Scheint Berufsehre zu sein…
Alle zwei Stunden gibt’s eine kurze Pinkel-
und Kippenpause, dann geht’s mit Vollkaracho weiter. Unser Fahrer lebt auf der
Überholspur. Hier wird vor und beim Überholen ständig gehupt, damit der
Überholte hören kann, wo der Überholer grad ist. Von den 16 Stunden steht unser
Fahrer 16 auf der Hupe. Kein Scherz.
Dazu scheppert der siebzehnte Bruder von
Panjabi MC aus den Uraltboxen (habt ihr echt geglaubt, der istn Einzelkind???) Ich
habe mittlerweile Ohrstöpsel angelegt.
Den Verkehr auf dem „Mahendra Highway“ (vgl.
Landstrasse Degerloch-Möhringen oder Mettenberg-Oberhöfen oder so) muss man
sich vorstellen wie auf ner Skipiste - halt mit Gegenverkehr. Wer von hinten
kommt muss aufpassen (= hupen) und ggf bremsen. Ansonsten gibt’s keine weiteren
Regeln. Man guckt halt dass keiner zu Schaden kommt. Das beinhaltet
freundlicherweise alle Lebewesen inkl. Kühe (klar), Ziegen, bis zum
Hundewelpen.
Dafür ist alles so schön bunt. Der Nepali (der Inder übrigens
auch) ist sehr phantasievoll mit der thematischen Verzierung seines Gefährtes.
Wir treffen, AC/DC, Lionel Messi, Bob Marley, Batman, Superman, Jim Morrison,
den FC Barcelona, Playstation, Volvo und Adidas (sry, Carmen ;-)). An der
Rückseite hängen dann gerne auch mal alte Radkappen, Müllkörbe oder einfach
Sandalen. Alles sehr pragmatisch. Ne Radkappe kann man schliesslich immer
brauchen.
Nach vier Stunden gibt’s einen kurzen
Zwischenstopp, die Tochter das Familie neben mir muss kotzen. Was den Vater dazu veranlasst,
lautstark seinen Missfallen am Fahrstil zum Ausdruck zu bringen. Der Fahrer
wiederum – wild gestikulierend – dreht sich um und kann das so nicht auf sich
sitzen lassen. Bei voller Fahrt. Spannende Szene. Alles geht gut.
Die Mittagspausen sind erstaunlich gut
organisiert. Wir halten an einem Roadhouse, alle rennen rein zum Händewaschen,
gegessen wird – genau – mit den Händen. Es gibt genau ein Gericht, ein Mixed
Plate (Aluteller mit Alles) mit Chapati (Brot) oder Reis. Auf jedem Tisch
stehen wiederaufgefüllte Flaschen mit Wasser ausm Bach. Die lass ich weg, das
gibt sonst wieder Kotzerei. Zum Essen hat man etwa zehn Minuten, bezahlt wird
beim Rausgehen als Festpreis pro Person (200 Rupien, ca. 2 Euro). Ich hab den
Teller nicht leer, da steht unser Bus schon wieder ausgeparkt und hupend. Geht
ratzfatz. Und Vollgas nach Osten.
Draussen fliegen die Dörfer und Felder an uns
vorbei – wir zischen durchs Land wie ein Pfeil. Zwischendurch dürfen immer mal
wieder Jungs mit Nüssen, Wasser, Kokosnüssen, Gurken, Mandarinen den Bus
entern, um für ein paar Cent ihre Waren loszukriegen. Die kleinsten sind noch
Kinder und tragen so den ganzen Tag zwei Flaschen Wasser und eine Tüte Chips
umher. Krass. Wahrscheinlich haben die Eltern kein Geld für eine Schule, denn
unterwegs kommen wir an einigen Dorfschulen mit uniformierten Kindern vorbei.
Wie auch an einigen weissen UN-Jeeps. Die ländlichen Gegenden könnten so auch
im Sudan stehen, in den größeren Örtchen gibt’s dann aber wieder Mopeds, Strom
und Handys. So verbringe ich die Zeit mit Mandarinen, Keksen und der Frage, was
ist erste Welt, was ist zweite und was dritte. Geht das so überhaupt? Ich weiss
nicht.
Das ist der oertliche Moebelfabrikant. Alles garantiert Handarbeit. |
Und hier gibts noch ECHTE Gentlemen! Wer schon vier Frauen (und kein Auto) hat, der kriegt wenigstens stramme Wadeln ;) |
Der Terai, die Tiefebene. Asien wie aus dem Bilderbuch. |
Interessanterweise fährt unser Fahrer die
vollen sechzehn Stunden durch.
Ich checke Uhr und Karte und stelle fest, wir
kommen auf keinen Fall mehr bei Licht an. Das merken die drei auch und der
Fahrer holt alles aus dem Karren was drin ist. Die gesteigerte Geschwindigkeit
zeigt sich auch daran, dass die Fahrgäste, so sie nicht aufspringen, einfach
nicht mitgenommen werden. Aussteigende Fahrgäste werden mit Koffer im
Strassenstaub abgeworfen. Der Gepäckverstauer klettert mittlerweile bei voller
Fahrt – das sind immerhin 70 bis 80 Sachen inklusive Schlaglöchern und
Links-Rechts-Links-Schlenkern (Fußgänger links –Gegenverkehr rechts –Rikscha
links) auf und vom Dach und hantiert oben mit den Koffern. Ich sehe am Schatten
unseres Buses, dass er noch da ist.
Mittlerweile wird es dunkel. Nun weiss ich
warum der Fahrer so aufs Gas gedrückt hat.
Am nächsten Morgen bin ich um fünf wach und
mache mich kurz nach Sonnenaufgang zu Fuß auf den Weg zur Grenze.
Das ist das
erste Mal, dass ich eine „echte“ Grenze zu Fuß überquere. Vor der Brücke ins
Häuschen, Papiere ausfüllen, dann zwei Kilometer an Militär vorbei über eine Brücke
laufen, danach rechts ins Haus um einen Stempel zu holen.
Der Governeurspalast sieht brutal verfallen
aus. Als ich reingehe, kommt mir ein Obdachloser mit Handtuch entgegen, der
sich hier eingenistet hat. Die Präfektur sei zwei Minuten weiter. Aha.
Lies "Office of the Superintendent of Customs". Ja-Woll! Ich glaub ja mittlerweile der wohnt ganz woanders. |
Und tatsächlich, ich finde das Immigration
Office. Der Hausherr fegt grad in Uniform die Veranda, mit Shotgun aufm Rücken.
Alles paletti. Small Talk. Stempel. Welcome toIndia.Namaste.
Vier Stunden später.
Was für ein Irrenhaus.
Was für ein Irrenhaus.
Nichts anderes ist das hier.
Meine erste Konfrontation mit der indischen
Realität heisst "Siliguri". Siliguri ist der erste größere Ort nach der Grenze,
unumgänglich auf dem Weg nach Darjeeling und ein heißer, staubiger und vor
allem lauter Moloch.
Das westliche Hirn ist an sowas nicht gewöhnt, die Filter
laufen schon nach zwanzig Minuten auf Grund der ständigen Reizüberflutung über,
das Hirn fühlt sich früh um halb elf an wie abends um sechs nach nem langen Arbeitstag.
Die Folge: Aus drei Stunden werden neun, jeder Tag dauert eine Ewigkeit.
Ich stehe am Bahnhof, nachdem ich zum ersten
Mal eine Reservierung im indischen Bahnsystem vorgenommen habe. Im „Railway Reservation Office“. Am anderen Ende der Stadt als der Bahnhof.
Dorthin fahre ich zum ersten Mal Fahrradrikscha. Und retour gleich nochmal. Macht Spass. Wenn man hinten sitzt. Und ist spottbillig. Fast schon unanständig, dass ein anderer Mensch für 30 Cent derart für mich ackern muss.
Sieht harmloser aus als es ist. Bei dem Bild fehlt der Ton. |
Der obligatorische Rueckstau beim Linksabbiegen... |
In vier Tagen – also nach Darjeeling - möchte
ich von Siliguri mit dem Schlafzug nach Varanasi (oder zumindest in die Nähe).
Ohne hier ausschweifen zu wollen – in
meinem Reisführer belegt das Kapitel „Zugfahrkarte kaufen“ zehn Seiten. Plus
die Angaben bei den jeweiligen Orten plus die Fahrplantafeln im Anhang. Ohne
das Buch hätt ich nicht den Hauch einer Chance gehabt.
Netterweise hilft mir
ein Rentner, dem ich einen Platz in der Schlange freihalte. Außerdem weiss ich
jetzt, warum diese Fahrkartenschalter immer so kleine Fenster haben. Da passen so
nämlich immer noch drei indische Arme durch, um dem Beamten damit vor der Nase
rumzuwedeln. Der wiederum hat seinen Aufbaukurs in Meditation mit Bravour
bestanden und zählt erstmal zehn Minuten lang Scheine.
Mission Teilerfolg: Ich hab die Reservierung,
bin allerdings auf ner Warteliste, was nach Angaben meines Rentnerfreundes
jedoch kein Problem sei. Einfach am Tag davor nochmal kommen und die
Reservierung confirmen lassen. Prost Mahlzeit. Die Hoffnung stirbt zu letzt. Mach ich.
Jetzt also vor dem Bahnhof: Der Zug nach
Darjeeling fährt so gar nicht mehr und Busse gibt’s anscheinend auch keine.
Also gebe ich nach einer Stunde in diesem Open-Air-Irrenhaus auf und kaufe
einen Platz in einem Jeep, der nach Darjeeling fährt. Der faehrt erst wenn er voll ist. Derweil kann ich noch Proviant shoppen.
Chips, Zuckerwatte, Gluehbirnen. Die All-in-one-Solution heisst nicht Wal-Mart, sondern Abu's Kwik-E-Mart. Gleich beim Bahnhof. |
Zwei Minuten aus der Stadt raus und wir fahren
durch endlose Tee-Plantagen. Wunderschoen. Später dann die Serpentinen, die manch einer auf
Bildern schon mal gesehen hat.
Tee soweit das Auge reicht. |
Der Weg ins Tee-Paradies. Wir werden sehen... |
Die Schlepper am Busbahnhof scheinen nicht
gelogen zu haben, dass hier keine Busse fahren. Die drei Stunden Schlaglochserpentinen
würde ich nicht mal mit nem normalen PKW fahren.
Das denkt sich der Inder auch und so fahren
hier 95% Jeeps umher. Ich sitze zu viert im Kofferraum, auf der Rückbank hat
eine indische Kleinfamilie Platz genommen (sechs), in der ersten Reihe der Fahrer
plus zwei. Viel Spass beim Rechnen. ;)
Ja, ich gebe es zu: Ich hatte heut nen
Kulturschock. Obwohl ich gerne reise und der Meinung bin, auch schon
rumgekommen zu sein – es gibt Tage, da denkste was ist das denn bitte für n
#%&!‘ß!!!
Jetzt erstmal drei Tage Darjeeling… Alles wird gut.
Beim naechsten Mal: Crashkurs fuer Tee-Kenner. Vom Dummy zum Connaisseur in gerade mal zehn Minuten. Gerade richtig zur kalten Jahreszeit. Special price for you my friend.
Stay tuned.
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