Freitag, 30. November 2012

Kapitel 14 – Durchs wilde Rajasthan


Nachdem ich nun das wilde Rajasthan…

Hmmm. Eigentlich sollte ich eher sagen, das chaotische Rajasthan.

Also nochmal.

Nachdem ich nun das chaotische Rajasthan erobert habe, möchte ich Dich mitnehmen auf einen kleinen Rundgang durch das „alte“ Indien. Das Indien der Reiseführer, das Indien der Bildbände, der Träume. Das Indien, das die meisten suchen, wenn sie herkommen.

Dieser Eintrag wird etwas länger. Also nimm Dir etwas Zeit, hol Dir einen Kaffee, mach es Dir gemütlich und lass Dich entführen in diese wirklich malerische, schöne, aber auch chaotische Welt.

Und was bietet sich als Einstimmung hierfür besser an als das Wahrzeichen Indiens, das (lt. Inder) „achte Weltwunder“? Lass uns am Taj Mahal beginnen.

Nun, was soll ich sagen. Das Taj ist ist wirklich … unglaublich.

Es ist. Wirklich. Unglaublich. Schön.

Das Taj im Morgennebel... mystisch.

...und bei der ersten Annaeherung. 
Die Ästhetik des Taj, der Frieden und die Harmonie der Gesamtanlage... 
Ich weiß nicht genau, WAS es ist. 
Aber es scheint, als vermag der Mensch in einem hellen Moment die Natur tatsächlich noch zu verfeinern. 

Wir brauchen mehr solche Momente.

Beim Taj ist es wie mit Sonnenuntergängen – auf Foto bannen geht gar nicht. Es ist vielmehr der verzweifelte Versuch, den erlebten Moment ins Ewige zu ziehen.

Also sitze ich. Ich gehe. Und gucke. Und sitze. Und gucke. Fünf Stunden lang. Danach gönne ich mir einen sehr sehr guten, richtig schönen großen Milchkaffee.

Zwei Tage später nochmal. Herrje, life is so good sometimes.

Ich erlaube mir einen kleinen Geschichtsausflug für die unter uns, die Märchen aus dem Orient schon immer faszinierten: Schah Jahan, der damalige „Herrscher der Welt“ ließ das Taj als Mausoleum für seine Lieblingsfrau Mumtaz bauen, als sie bei der Geburt seines vierzehnten (…) Kindes verstarb. Da in der arabischen Sprache, so lerne ich, „Paradies“ und „Garten“ das gleiche Wort seien, wollte er das Paradies auf Erden bauen.

Und man kann sagen, er ist damit ziemlich weit gekommen. Es funktioniert wirklich.

Es gibt einen Vorhof, der den Übergang vom irdischen Chaos – vermutlich damals schon – zum Himmlischen trennt, und dessen Tor allein schon eine Sehenswürdigkeit darstellte, stünde dahinter nicht das Taj selbst. Der Gang durch dieses Tor, wenn das Taj im Morgennebel auftaucht – priceless.

Nun bin ich kein Architekturkenner, aber staune gerne und viel über die Arbeit und die Liebe zum Detail, die die damaligen Künstler an den Tag legten. Marmor, wohin man schaut, Einlegearbeit mit Millimeterpräzision, das ganze Gebäude leuchtet in der Mittagssonne. Solche Gebäude sind nur in Diktaturen möglich (20.000 Arbeiter, 20 Jahre, so wie die Cheops-Pyramide. 

Angesichts der damaligen Megalomanie fällt es mir schwer zu glauben, dass Leute wie ausschließlich Schah Jahan Wohltäter gewesen sein sollen, zumal wenn er zwei riesige und unzählige kleinere Festungsanlagen bauen ließ. Ich tippe eher auf so eine Art indischen Saladin. Ohne das Taj wäre Schah Jahan wohl nur ein weiterer Herrscher gewesen, so geht er in die Geschichte ein als der Mann, der ewige Liebe in Stein gemeißelt hat.


Kurz nach meinem Besuch habe ich mir von zwei älteren Schweizern dann auch bestätigen lassen, wie schrecklich das Taj ist. Und dass es vor vierzig Jahren WIRKLICH wundervoll war, als man hier ganz allein war. Alles eine Frage des Standpunktes.


Mit dem Bus geht’s weiter nach Jaipur, in die Hauptstadt Rajasthans.

Die „Pink City“ die sich rühmt eine der schönsten Indiens zu sein; tatsächlich ist sie chaotisch, laut und stinkend wie (fast…) alle anderen auch. 

Das erste Highlight hier: Der Amber Palast – der erste große Palast der Moguln, gebaut vom Opa vom Schah Jahan, der hieß Akhbar.

Der Palast liegt außerhalb der Stadt wie eine Festung auf einer Felsklippe erbaut, innendrin die Überreste eines Palastes wie aus dem Morgenland (das liegt hier ja „hinter“ uns, also westlich, trotzdem sind die islamischen Einflüsse unverkennbar). 

Es gibt Hamams, Säulenhallen, Fächer zum fächeln, einen Harem, Geheimtunnels, kurzum, alles was ein ordentlicher Palast braucht.

Nein, ich bin NICHT aus Versehen in China gelandet.
SO stell ich mir ja Jerusalem vor.
Notiz an mich: Nachgucken.

Das zweite Highlight ist mein Tuktuk-Fahrer „Israh“, den ich nach einer Viertelstunde netter Konversation für den kompletten kommenden Tag miete. Wir haben eine Menge Spass zusammen.

Israh...

und sein/mein Gefaehrt. Hehe.

Mein kanadischer Zimmernachbar Dave ist heute mit Israhs Cousin unterwegs. Logisch dass wir dieselben Tempel ansteuern.

Unterwegs sammeln wir zwei verirrte französische Studentinnen ein, die sich in der Nähe der Stadtmauer verlaufen haben, Valentine und Pauline aus Paris.

Am Ende fahre ich Israhs Tuktuk durch den Jaipurer Stadtverkehr. Eigentlich gar nicht soo wild, da die Tuktuks (Piaggio Ape) so viel Power und eine Lenkung haben wie mein alter 50er-Vespa-Roller.

Spannend wird’s immer im Bereich einer Kreuzung, wenn von links und rechts alles was Beine in die Fahrbahn läuft. Hupen hilft. Nur die Bremse will Israh mir nicht überlassen. Nicht dass noch ne Kuh draufgeht. Verständlich.

Valentine, Pauline und Dave beiden entpuppen als äußerst angenehme Abendgesellschaft, bevor sich unsere Wege am Tag darauf wieder trennen. Dave nach Delhi, die Mädels in die Wüste nach Jaisalmer, ich weiter mit dem Bus ebenfalls in die Wüste nach Pushkar zum größten Kamelmarkt Indiens. Ein-Tages-Bekanntschaften. Travellers world.

Anbei noch ein paar Schnappschesse aus Jaipur.

Hier wohnt der Maharaja. Echt. Das sind die indischen Royals.

Die fuer mich schoenste Tempelanlage Indiens. Name unwichtig. Keine Touris, keine Verkaeufer.

Dafuer unglaublich schoen gemacht. Alles aus dem Vollen geschnitzt. Verrueckt. Weiss gar nicht ob man so was heute noch kriegt.
Ich fahre weiter nach Pushkar.

Pushkar ist ein kleiner Wallfahrtsort am Rand der indischen Wüste Thar gelegen, und feiert - Zitat Guidekook – „jedes Jahr in der Woche vor Vollmond im November eines der faszinierendsten Feste Asiens“. Zufällig…jetzt.

Die „Pushkar Mela“ ist Kamel- und Heiratsmarkt zugleich. In das Städtchen mit nur 15.000 Einwohnern fallen eine Woche lang Horden von Kamelen und heiratswilligen (?) jungen Frauen ein (95% aller Ehen in Indien sind von den Eltern arangiert. Teil des, wie die Inder selbst sagen, „Kastenproblems“).

Und hier ist es, das Bilderbuch-Indien. Vermutlich die Hälfte aller indischen Postkarten sind in Pushkar gemacht (die andere Hälfte zeigt das Taj Mahal…).

Schön, bunt, malerisch, quirlig, doch nicht aufdringlich, ich gehe in der indischen Menge unter, und doch scheinen die Einwohner Westler genug gewöhnt, dass man in Ruhe essen kann, ohne dass jede Bewegung von dreißig neugierigen Augen verfolgt wird.

Anbei ein paar Eindrücke vom Kamelmarkt. Kamele soweit das Auge reicht.

Du fragst Dich wie ein Kamel zu einem Nasenpiercing kommt?

Jedenfalls nicht so ganz freiwillig. Krasse Angelegenheit.




Einen Hügel weiter der Pferdemarkt. Erinnert mich an „Hidalgo Naranja“, mit dem ich durch Spanien geritten bin und der wohl noch immer auf der Hinterachse lahmt…

Lawrence von Arabien, Winnetou, Hidalgo, Ben Hur, alle waren sie da.

Den Heiratsmarkt hab ich mir natürlich nicht angeschaut. ;-)

Stattdessen ein kleiner Rundgang durchs Staedtle, und dabei das Moped und den Mechaniker meines Herzens gefunden. NOCH NIE hab ich ein so geiles selbstgemaltes Schild gesehen! Und das Moped ist echt super in Schuss...

Ohne Worte. Lesen und Geniessen.
Makanik Mukesh weiss wies laeuft. Garantiert.

Und die haett ich am liebsten gekauft. Wenns nicht so weit nach Hause waer.


Ausblick vom Balkon meines Guesthouse - mal wieder ein Sonnenuntergang... ;)
Fazit: Indien kann wunderschön sein.

Wenn man sich an den „Alltag“ (feilschen, Verkäufer ignorieren, drängeln,…)  gewöhnt hat, stellt sich – trotz manchmal anstrengender Travelumstände – eine gewisse Entspannung ein. Klar, Indien ist immer laut und meist schmutzig, der Verkehr erscheint chaotisch und ständig will einem einer was verkaufen.

Du kennst dieses Bild aus eigener Erfahrung. Einheimische strecken viel zu bleichen, zu dicken, mit Kameras, Ferngläsern, Sonnenhüten und Wasserflaschen zu schwer beladenen Touristen irgendwelchen Nippes in den Weg. Diese hingegen befinden sich regelmäßig auf der Flucht.

Ich habe begriffen: Das Verkäufergeschäft, insbesondere das Straßenverkäufergeschäft, beruht hochgradig auf Instinkt. Jagdinstinkt. Wenn Du Dich also wie Beute verhälst, ziehst Du die Jäger auf Dich. Ich hingegen habe Zeit. Und selbstauferlegtes Souvenirverbot, da ich das Zeug ja nicht die ganze Zeit in meinem Rucksack mit mir rumschleppen möchte.

Die Menschen sind sowieso interessanter als den Nippes. Manchmal ergeben sich so ganz interessante Begegnungen – Zeit, ein Lächeln und keine Berührungsängste sind der Schlüssel.

Jaipur, mittags: Am „Palast der Winde“ will mir ein Juwelenhändler Schmuck verkaufen. Ich biete ihm daraufhin an, seinen Laden zu übernehmen und alles innerhalb einer Woche zu verkaufen. Seine Freunde kommen dazu, wir machen anschließend eine halbe Stunde lang Faxen auf der Straße,

Ebenfalls Jaipur, nachts um halb eins. Ein Rikschafahrer will mich kostenlos fünfzig Meter mitnehmen. Ich habe Zeit. Also gut. Dafür soll ich ihm einen Rat geben, ob er sich für seine indische oder französische Freundin entscheiden soll :D. Wir diskutieren bestimmt eine halbe Stunde über die Unterschiede zwischen Indien und Europa, zwischen europäischen und indischen  Frauen.

Ich rate ihm schließlich zu seiner indischen Freundin. 
Und gehe zu Fuß nach Hause.



Stay tuned.


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